In dieser Woche hatten wir wieder Pfarrkonvent. Für die, die das nicht kennen: Einmal im Monat treffen sich Pfarrer:innen für Austausch, Input und irgendwie geartete „geistliche Stärkung“. Bei uns dauert das um die vier Stunden. In manch garstig vollen Wochen bin ich dazu geneigt, nicht hinzugehen. Aber meistens ist es dann doch wohltuend – vor allem die Begegnungen mit den anderen Leuten im Dienst.
Manchmal ist Konvent irritierend („Brüder und Schwestern..“, ein immer wieder erschreckender Unterschied zwischen den Generationen). Ab und zu bringt es richtig was (Bibelgespräche! Kollegiale Beratung!). Mal fühlt es sich an wie verschenkte Zeit (wenn Pfarrer:innen erstmal ins „Reden über“ kommen …) oder wie komplett aus der Zeit gefallen („Früher haben wir noch Briefe geschrieben. Mit Tinte!“).
Ein Kollege, der seit 15 Jahren im Ruhestand ist sagte beim letzten Konvent: Der Pfarrberuf sei einer der freiesten Berufe, die es gäbe. Und ja, er wisse um die vielen Termine und trotzdem. Ich ahne, was er meint. Vielleicht ist der Dienst auch tatsächlich vergleichsweise „frei“ in der Gestaltung, aber ich spüre definitiv mehr Verantwortung als bewusste Freiheit, was aber auch fine ist für mich. Vielleicht schließt das eine das andere ja auch nicht aus. Es bleibt auf jeden Fall spannend, herausfordernd und krass, dieses Leben als Pfarrerin. Und auch immer mal wieder sehr, sehr strange.
So bei der Beisetzung am Montag. Den Montag als Termin fand ich schon mal wenig prickelnd (adieu, einziger freier Tag der Woche). Das Bestattungsunternehmen hatte seinen Sitz genau am anderen Ende des Landes und (ich hatte es schon befürchtet) keinerlei Plan über die Gepflogenheiten auf den Friedhöfen dieser Stadt. Immerhin hatte es geschafft, die Urne der Verstorbenen hierher zu schicken (ich meine, per Post, was auch weird ist).
Als ich zur Trauerhalle kam, war draußen schon die Familie versammelt. Drinnen wartete der Urnenträger und sonst war niemand da (20 Minuten vor Beginn schon mal verdächtig). Ein paar Blumensträuße lagen auf dem Boden vor einem pannebesammten Hocker, auf dem die Urne stand. Und zwar nur die Urne. Ohne Blumenschmuck. Ohne Schnickschnack, keine Schrift, kein Motiv. Schwarz, oben gut erkennbar der weiße Zettel mit Angaben zur Person. Ich kann minimalistischen Designs durchaus was abgewinnen, aber das sah einfach nur trist und kahl aus und lieblos.
Bald stellte sich heraus, dass außer dem Urnenträger und mir niemand mehr kommen würde. Keine:r an der Orgel. Keine:r, der die Trauerfeier begleiten würde. Kurz überlegte ich selbst Orgel zu spielen. Dann fand ich im Schrank ein paar übriggebliebene CDs von anderen Beisetzungen (Air von Bach, Im schönsten Wiesengrunde, Violinkonzerte,..) und bat den Urnenträger, den CD-Spieler zu bedienen. Er: Waaas? So eine Verantwortung will ich nicht. Am Ende verdrück ich mich und dann..? Ich mach das nicht! Ich hab auch gar nicht meine Brille hier! Ich: Wie soll ich denn von vorne an den CD-Spieler kommen, ich rede da doch?! Da kann ich nicht hin und her rennen. Können Sie das nicht bitte irgendwie hinkriegen? Nach kurzer Diskussion und nachdem er seine Brille geholt hatte, war er dann zum Glück doch dazu bereit.
Derweil bemühte ich mich, die Urne zu verschönern. In der Trauerhalle gibt es eine Art Altar, auf dem ziemlich ausgeblichene Gestecke aus Kunstblumen stehen. Gelbe Blüten an braunen Zweiglein mit großen, runden grünen Blättern. Alles aus Stoff und Plastik. Drei Blumenköpfe, ein Zweig und ein Blatt fanden im Laufe meiner Versuche einen neuen Ort auf und an der Urne. Es passte farblich sogar zu den frischen Blumen der Gebinde, ich musste nur die Reste des Heißklebers abpulen. Der Urnenträger fand das Arrangement am Ende geschmackvoll. In dem Schrank, wo ich die CDs gefunden hatte, entdeckte er auch eine Art Netz mit langer Schlaufe oben, in das er die Urne einhüllte (wie ein Einkaufsnetz, nur enger). Das sah auch nicht wirklich besser aus als zuvor (oh my), aber immerhin konnte er sie damit später dann in die Erde lassen.
Zu den vielfältigen Anforderungen des Pfarrdienstes gehört also wohl auch das: DIY-Deko spontan und unter Zeitdruck mit begrenztem Material finden und möglichst angemessen anbringen. Von wegen Freiheit – das ist KUNST!