Slapstick auf höchstem technischen Niveau

Wer hätte gedacht, dass ich die ersten 30 Minuten alleine in „meiner“ neuen Kirche mit lautem Gefluche und Geschimpfe verbringen würde? Und kann es sein, dass mich die drei Jugendlichen auf der Bank vor der Kirche dabei gehört haben? Und warum ist eigentlich manchmal alles wie in einer schrägen Komödie?

1. Auftakt

Am Sonntag wird hier Familiengottesdienst gefeiert, mit Aktionen und Kindersegen und einer Bildererzählung, die mit Beamer auf eine Leinwand in der Kirche übertragen werden soll. Am Freitagnachmittag ist der (wohl neue) Beamer noch verliehen (der Leihende nicht zu erreichen). Ich stehe im Elektrogeschäft und überlege, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines HDMI-Anschlusses ist und kaufe sicherheitshalber zwei verschiedene Adapter für meinen Laptop. Sicher ist sicher.

2. Akt: im Büro

Wie verabredet finde ich den Beamer abends im Gemeindebüro und packe ihn vorsichtig aus. Er trägt seine Plastikhülle als Schutz, ein handgeschriebener Zettel mit Instruktionen flattert mir entgegen. Der Beamer ist riesig und schwer hat viel mehr Knöpfe als das kleine Gerät aus meiner ersten Gemeinde. Er leuchtet auch an ulkigen Stellen, etwas unheimlich. Erfreut bemerke ich den HDMI-Anschluss, finde aber lediglich zwei VGA-Kabel, aber dafür hab ich ja zum Glück auch einen Adapter besorgt, ich bin zufrieden. Laptop und Beamer vertragen sich, dann kann ich das Ganze ja gleich in der Kirche ausprobieren.

3. Akt: der Transport

Ich nehme Rucksack und Beamerungeheuer und gehe die paar Meter vom Gemeindehaus in die Kirche und schließe auf. Ein wenig Abendlicht fällt durch die bunten Fenster, es ist still und fühlt sich gut an hier zu sein. Ich singe ein paar Zeilen I saw lightning coming from the streets, you were trembling hearing your heartbeat Die Kirche klingt schön und mir ist nach Liebesliedern und das kleine bisschen Technik, das macht sich doch von ganz allein. Denke ich, bis ich das schicke Podest mitsamt Kabeltrommel in die Kirche rolle und sich auf dem Kopfsteinpflaster mit einem hellen pling eine Mutter von einer Schraube löst und das Podest ein Rad ab hat. Ungerollt ist das Teil echt schwer, ich hieve es das letzte Stück in die Kirche und vor dem Altarraum. Dort sitze ich krumm und leise fluchend auf dem Boden und versuche und hantiere umständlich mit Podest, Mutter und Schraube und der Schwerkraft. Ich glaube, die Schwerkraft mochte mich noch nie besonders.

4. Akt: Inbetriebnahme 1

Das Podest steht. Der Beamer befindet sich auf dem Podest. Ich weiß wo Steckdosen sind. Und zum Glück habe ich (so clever!) die kleine rote Kabeltrommel aus dem Gemeindehaus gleich mitgenommen und mir einen Weg gespart. Ich schließe das rot-schwarze Verteilergerät in der Ecke der dritten Bank von vorne rechts an (ist gerade lang genug, yay) und versuche dann, den Stecker des Beamers in eine der vier Steckdosen zu tun. Geht nicht. Ich probiere einen anderen Winkel. Geht auch nicht. Ich drehe und puste und klopfe und drücke auf Knöpfchen, es passt einfach nicht. Draußen wird es dunkler, ich beginne, mich etwas doof zu fühlen. Nach weiteren erfolglosen Momenten entweicht mir ein erbostes Was ist denn das für ein Scheiß…? Ich bin weder bereit aufzugeben, noch im Gemeindehaus nach weiteren Kabeln zu suchen. Mir fällt die Sakristei ein, da könnte doch vielleicht…

5. Akt: Inbetriebnahme 2

Und so finde ich ein langes, weißes Verlängerungskabel, schließe es an, der Beamerstecker passt und: es funktioniert immer noch nicht. Vielleicht ist die obere Steckdose ja kaputt? Ich probiere die untere, nichts geht. Verdammt! Dann lege ich das Kabel auf die linke Seite der Kirche, es gibt ja noch mehr Anschlüsse hier, es ist dasselbe Spiel. Als mir einfällt, dass vielleicht der Hauptstrom ausgeschaltet sein könnte und ich daraufhin den Sicherungskasten und die Sicherungen finde und kurz darauf der Beamer oben auf dem Podest leuchtet und leise summt, fühle ich mich kurz wie MacGyver. Bis die Halterung des Podestes plötzlich mit einem Schnappen zurückweicht und der Beamer mit einer Ecke auf dem harten Boden aufschlägt. Und hinterher weder leuchten noch summen möchte. Ich fluche laut mit allem, was mir zur Verfügung steht. Im Comic wären jetzt Totenköpfe und schwarze Wolken und Blitze und Donner zu sehen.

6. Akt: Rückzug

Nach der Fluchpause starte ich den Beamer erneut. Er leuchtet. Halleluja! Aber zu dem leisen Summen ist nun ein metallisches Klirrgeräusch gekommen. Ich weiß nicht, ob das so muss. Ich habe Hunger. Ich will nach Hause. Es ist dunkel und wo sind hier eigentlich die Lichtschalter? Den Beamer stelle ich vorsichtig auf einen Stuhl und decke ihn mit seiner Plastikplane zu. Hoffentlich hat er sich heut Nacht gut erholt, gleich starte ich einen weiteren Versuch, dieses Mal mit Hilfe. Das bisschen Technik, das macht sich vielleicht, ganz leicht, zu zweit.

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